Den Opel Kapitän mit dem markanten Ofen an seinem Heck brauchte es zur 20. Classic-Gala Schwetzingen nicht, um ins Schwitzen zu geraten. Hochsommerliche Temperaturen im Schlosspark und einmal mehr spannende Fahrzeuge, wie dieser Opel mit Holzvergaseranlage, genügten. Wir schützten uns mit LSF 50 Sonnencreme, um euch mit auf eine Runde durch den Park des Barockschlosses Schwetzingen zu nehmen.
Meist stehen bei einem Concours d’Elegance oder einer Classic-Gala die bekannten Premium- und Sportwagenmarken im Fokus. In Schwetzingen hingegen gab es 2024 eine Sonderschau zu 125 Jahren Opel Automobilbau. Bestückt einerseits mit Fahrzeugen aus privatem Besitz, brachte auch die Werks-Sammlung von Opel Classic einige Fahrzeuge mit. Und zwei der mitgebrachten Klassiker räumten sogar Pokale für den 1. Platz in der jeweiligen Kategorie ab.
Classic-Gala Schwetzingen – 2 Pokale für Opel Classic
Einer davon ist das „Grüne Monster“, ein dunkelgrün lackierter, 1,2 Tonnen schwerer Rennwagen von 1914. Der 12,3-Liter-Motor mit vier Zylindern, 16 Ventilen und 191 kW (260 PS) ist bis heute der hubraumstärkste Opel, der je gebaut wurde. Markantes Merkmal sind die aus der Motorhaube ragenden Ventilfedern. Der Wagen brachte es auf 260 PS und erreichte bis zu 228 km/h.
Der zweite Pokal ging an ein ganz besonderes Fahrzeug, das erst 50 Jahre später erneut geboren wurde: Ein knallrotes Opel Kadett Cabrio mit dem Beinamen „Strolch“, das bisher nur selten in der Öffentlichkeit zu sehen war. Diese zweisitzige Roadsterversion wurde zwar schon 1938 geplant, es entstanden angeblich auch sechs Prototypen, deren Verbleib aber ungeklärt ist. Erst 2008 machten Opel-Archivmitarbeiter mit einer Handvoll alter Aufnahmen einen Zufallsfund. Eine intensive Nachforschung brachte die Konstruktionszeichnung mit der Nummer 2 555 338 zutage. Schnell war bei Opel Classic in Rüsselsheim die Idee geboren, ein solcher „Strolch“ sollte wiederauferstehen. Gesagt, getan: Beim Rüsselsheimer Klassikertreffen 2009 wurde dieser Wagen erstmals der Öffentlichkeit gezeigt – 70 Jahre später als ursprünglich geplant. Opel Classic Manager Leif Rohwedder war am Wochenende vor Ort und stets umringt, um die vielen Fragen zum Wagen zu beantworten.
Opel Vorkriegsfahrzeuge mit starker Präsenz bei der Classic-Gala 2024
Aber damit nicht genug, denn die Opel Vorkriegszeit wurde durch spannende Fahrzeuge insgesamt stark vertreten. Repräsentativ zeigte sich ein Opel 2-Liter Pullman von 1936, der damals erfolgreich als Taxi verkauft wurde. Auch gehobene Militärs ließen sich damit chauffieren. Er galt als Antwort auf den langen Mercedes 200 mit 6 Zylindern. Hingegen für den Familienurlaub sehr praktisch ist ein Opel 1,3 l mit Kombiaufbau von Wink. Dieses Einzelstück entstand 1934 durch Aufsetzen des Gepäckraums auf eine Cabriolimousine.
Sportlicher ging es mit einem Kadett C Coupé im Rallyetrimm und dem Opel Kultfahrzeug, einem Ascona B 400, zu. Ausgestellt wurde der originale Trainingswagen von Röhrl/Geistdörfer aus der Weltmeistersaison 1982. Der beliebte Opel GT stand natürlich auch dort, ebenso wie sein Diesel-Rekordwagen-Pendant, der mehrere Weltrekorde einfuhr. Zwar keine Rekorde, aber für souveränen Vorwärtsdrang sorgte ein 6-Zylinder im Opel Rekord C. Nein, es ist kein Commodore, sondern ein in nur ca. 1.000 Exemplaren gebauter Rekord aus dem Jahr 1968. Und das ausgestellte Exemplar ist seit Anbeginn in erster Hand.
Unscheinbarer, obwohl er die Basis für eines der erfolgreichsten Opel-Modelle wurde, stand ein knallroter Corsa A am Wegesrand. Dieses Exemplar aus dem Jahr 1984 hat aber nichts mit einem 300-Euro-Winterauto zu tun. Es hat erst 158 km auf dem Tacho und ist ein Vorserienmodell zur erfolgreichen Corsa-Baureihe. Denn selbst der aktuelle Corsa der Baureihe F war im letzten Jahr der beliebteste Kleinwagen in Deutschland. Der ausgestellte Ur-Corsa stand über 30 Jahre im Ausbildungszentrum und ist daher in einem perfekten 80er-Jahre-Zeitkapsel-Zustand.
Die Classic-Gala in Schwetzingen war 2024 zum 20. Jubiläum nicht nur Anziehungspunkt für die Freunde hochpreisiger Edelklassiker, wie bei vielen arrivierten Events dieser Art. Vielmehr kamen alle Autofans und Freunde rollenden Kulturguts auf ihre Kosten. Inklusive eines heftigen Sonnenbrands, wenn man die entsprechende Creme vergaß. Da hätte früher die Mutter sicherlich gerufen, wenn man mit hellroter Haut heimkam „Was bist du wieder für ein Strolch“.
Text: Bernd SchweickardFoto: Bernd Schweickard, Michael Jülicher