Klassikertreffen 2024 – Stadt Rüsselsheim erneut überfordert?

Es war das größte und sicherlich eines der beliebtesten Oldtimertreffen Deutschlands – das Klassikertreffen Rüsselsheim. Dann kam Corona, die Auszeit und der im letzten Jahr kläglich gescheiterte Versuch eines Neustarts. Wir erinnern uns: Drei Tage vor der Veranstaltung kam aus Naturschutzgründen die Absage der Stadt. Damit begann die Schuldzuweisung, denn die kurzfristige Verfügung kam über die Obere Naturschutzbehörde in Darmstadt. Auslöser war das eingeplante Gebiet der Mainwiesen, ein Naturschutzgebiet. Dies sei auch der Stadt seit Monaten bekannt gewesen, aber einen Plan B gab es bei der Stadt dem Anschein nach nicht. Man machte einfach so weiter und wunderte sich, dass die Behörde die Reißleine zog.

Klassikertreffen Rüsselsheim 2024 mit neuem Konzept

2024 soll(te) alles besser werden. Man kam in der Stadtverwaltung wohl auf die Idee, das fragwürdige Konzept der IAA München – eine Art Automesse quer durch die Stadt zu verteilen – einfach auf Rüsselsheim zu übertragen. Dazu öffnen einige Gewerbebetriebe, die wenigen verbliebenen in der Baustellen- und Betonwüste Rüsselsheim, ihre Geschäfte. Dazu Essen und Musik, fertig ist ein sonntäglicher Stadtfeiertag mit angeschlossener Oldtimerausstellung.

Klassikertreffen Rüsselsheim im Kern entwurzelt?

Aber hat diese Art von Stadtfest mit Oldtimerschau den Charakter des beliebten Klassikertreffens? Wir sagen Nein! Die DNA, alles, was das Treffen früher ausmachte, zu dem bis zu 30.000 Menschen pilgerten, wurde entfernt. Die Einfachheit des Events und die Mischung machten es beim größten eintägigen Oldtimertreffen Deutschlands in Rüsselsheim aus. In diesem Jahr ist der Ursprungsort des Events, der Bereich um die Opel-Villen und den Verna-Stadtpark, einem einzigen Autoclub vorbehalten, der Alt-Opel IG (AOIG). Wir fragten die Stadt, wie es sein kann, dass der schönste Bereich im Park nun nur einem einzigen Verein vorbehalten ist. Zumal man, wenn man mit einem Opel-Oldtimer anreist und nicht Mitglied der AOIG ist, dort auch nicht parken darf. Man muss Mitglied sein. Werden hier alle anderen Klassikerfreunde ausgesperrt? Wie ist so etwas möglich?

Das gemütliche Beisammensein von Besitzer alter Opel und anderen Automarken wird es 2024 im Stadtpark nicht geben. Only Mitglieder heißt es nun!
Opel, Audi, VW, Mercedes und viele mehr – das gemütliche Beisammensein beim Klassikertreffen Rüsselsheim von Besitzer alter Opel und anderen Automarken wird es 2024 im Stadtpark nicht geben. Only Mitglieder heißt es nun!

Die Pressestelle der Stadt sagt dazu, dass man als Auflage habe, dass während der Veranstaltung von 10 bis 16 Uhr am 8. September im Park keine Fahrzeugbewegungen stattfinden dürfen. Jedoch vergaß man wohl, dies auf der Anmeldeseite, einer eigenen Website der Stadt Rüsselsheim zum Klassikertreffen, darauf hinzuweisen. Man versuchte sogar, den Verein in die Haftung zu nehmen, indem man behauptete, dies sei mit der AOIG so abgesprochen und Bedingung gewesen und dass der Verein sicherstellt, dass diese Regel eingehalten wird. Nach unserer Recherche und den vorliegenden Unterlagen entspricht dies nicht der Realität, vorbehaltlich der rechtlichen Frage, wie ein Verein ohne rechtliche Habe und der nicht Veranstalter ist, dies gewährleisten soll?

Stadt Rüsselsheim reagierte kurzfristig auf die selbst aufgestellten Regeln

foto Klassikertreffen rüsselsheim Stadtpark opel VillenKurzum, die Stadt versandte diese Sonderregelung des Bewegungsverbotes beim Event erst am vergangenen Wochenende an alle, die bereits angemeldet waren. Sicherlich ist der eine oder andere Oldtimerbesitzer überrascht, nicht frei entscheiden zu können, wann er heimfahren möchte.

Dazu kommt: Mit dieser Exklusivvergabe an eine einzige Marke werden natürlich viele Oldtimerbesitzer ihre Schätze in der Garage lassen oder zu einem unkomplizierteren Oldtimertreffen an diesem Wochenende fahren. Gleichzeitig, trotz Überbuchung und Wartelisten zu den wenigen frei verfügbaren Plätzen auf nacktem, heißem Beton, sind wenige Tage vor Veranstaltungstag in der exklusiven Fläche vor den Opel-Villen immer noch 20 Plätze frei (Stand 01.09.24). Es ist dann doch nicht so einfach, mit den zig Einschränkungen genügend ausstellungsbereite Klassikerbesitzer einer einzigen Marke zu finden, die obenauf auch noch Mitglied dieses Vereins sind.

Der positive Aspekt, dass Teile des Opel-Altwerk-Geländes dazugewonnen werden konnten, wird ad absurdum geführt. Wäre es nicht schöner, alte Opel-Fahrzeuge in ihrer „natürlichen Umgebung“, dem historischen Opelwerk, bestaunen zu können? Und eine Mischung aus schönen alten Roadstern und Limousinen anderer Fabrikate im Stadtpark? Wir denken schon.

Statt 3.000 nur noch 640 Oldtimer zugelassen!

Wobei auch spannend sein dürfte, welche Fahrzeuge zu sehen sein werden. Denn die Stadt teilte uns mit, dass insgesamt über alle Flächen hinweg nur noch 640 Fahrzeuge zugelassen sind. In den letzten Jahren kamen aber mehr als die fünffache Anzahl nach Rüsselsheim, bis zu 3.500 Klassiker. Das umstrittene Areal im Park und um die Opel-Villen wurde von ehemals 500 bis 700 Autos auf exakt 137 Oldtimer reduziert, teilte uns die Stadt auf Nachfrage mit.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Besucherzahl dieser „durch eine tolle Teamleistung auf die Beine gestellte Prestige-Veranstaltung“ – so Oberbürgermeister Patrick Burghardt – auch reduzieren wird.

Text: Bernd Schweickard

Foto: Opel media, Bernd Schweickard

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